Steuernews: Themen aus dem Wirtschafts-, Arbeits- & Sozialrecht
Infos zu Verbraucherschlichtung, Ruhegeldzahlungen, Betriebskostennachzahlungen uvm.
Nach dem Bundestag stimmte auch der Bundesrat dem Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten
Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität am 5.3.2021
zu; damit ist es nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten.
Bei neuen Wohngebäuden mit mehr als 5 PKW-Stellplätzen (Nicht-Wohngebäude
6 Stellplätze) muss mindestens jeder dritte Stellplatz mit Leitungsinfrastruktur
ausgestattet und zusätzlich ein Ladepunkt errichtet werden. Bauherren oder
Immobilieneigentümer, deren Gebäude in räumlichem Zusammenhang
stehen, können gemeinsam bestimmte Anforderungen aus dem Gesetz erfüllen.
So besteht die Möglichkeit, gemeinsame Leitungsinfrastruktur oder Ladepunkte
für ein Viertel zu errichten.
Das Gesetz gilt nicht für Nicht-Wohngebäude kleiner und mittlerer
Unternehmen, die weitgehend selbst genutzt werden. Auch sind Ausnahmen vorgesehen,
wenn die Kosten für die Lade- und Leitungsinfrastruktur in bestehenden
Gebäuden 7 % der Gesamtkosten einer größeren Renovierung des
Gebäudes überschreiten.
Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz kann ein Arbeitsvertrag befristet
werden, sofern die Befristung durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.
Die Befristung einzelner Vertragsbedingungen ist unzulässig.
In einem vom Landesarbeitsgericht München (LAG) entschiedenen Fall war
eine Kirchenmusikerin seit dem 28.10.2016 unbefristet bei der Kirchengemeinde
als Kirchenmusikerin mit 3,5 Wochenstunden in Teilzeit angestellt. Mit Änderungsvertrag
vom 25.8.2017 wurde - wegen der Erkrankung der 1. Organistin - ihre Wochenstundenzahl
befristet bis längstens 31.8.2018 auf 39 Stunden angehoben und dann wegen
fortdauernder Erkrankung verlängert bis längstens 31.5.2019.
Das LAG entschied dazu, dass die Musikerin weiterhin mit 39 Wochenstunden zu
beschäftigen ist, weil sie durch die nur befristete Erhöhung der Wochenstundenzahl
unangemessen benachteiligt wurde. Das Gericht hat die Befristung in dem allein
maßgeblichen letzten Änderungsvertrag als treuwidrig angesehen und
als unangemessene Benachteiligung für unwirksam erklärt, weil bei
Anschluss des Änderungsvertrages nicht zu erkennen gewesen war, dass der
betriebliche Bedarf für die erhöhte Wochenstundenzahl bei Ende der
Befristung nicht mehr bestehen würde.
Bei Vereinbarungen eines teilweisen Lohnverzichts, der über Gutscheine
oder Werbeeinnahmen, die aus der Vermietung von Werbefläche auf dem Pkw
des Arbeitnehmers entsteht, ausgeglichen wird, handelt es sich um sozialversicherungsrechtliches
Arbeitsentgelt. Dies gilt nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom
23.2.2021 grundsätzlich für alle geldwerten Vorteile eines Arbeitnehmers,
die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Ein Zusammenhang
besteht immer dann, wenn der ursprüngliche Bruttoarbeitslohn rechnungsmäßig
fortgeführt wird und die Tankgutscheine und Werbeeinnahmen als "neue
Gehaltsanteile" angesehen werden.
Im verhandelten Fall legten Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen individuellen
Bruttoentgeltverzicht bei gleichbleibender Arbeitszeit fest. Die bisherige Bruttovergütung
wurde zur Berechnung künftiger Gehaltsansprüche weitergeführt.
Als Ausgleich und "neue Gehaltsbestandteile" vereinbarten die Parteien
monatliche Tankgutscheine in Höhe von 40 ? und Mietzahlungen für
die Bereitstellung von Werbeflächen in Höhe von 21 ? im Monat.
Nach einer Betriebsprüfung forderte der Rentenversicherungsträger
Sozialversicherungsbeiträge nach. Der Arbeitgeber lehnte die Nachforderung
ab und begründete dies damit, dass der Sachwert der Tankgutscheine unter
der steuerlichen Bagatellgrenze von 44 ? im Monat liegt. Darüber hinaus
ist für die Werbefläche ein Mietvertrag geschlossen worden, welcher
nicht auf dem Arbeitsverhältnis beruht.
Diese Auffassung teilte das BSG nicht und führte in seiner Urteilsbegründung
aus, dass es bei den Mieteinahmen nicht darauf ankommt, dass ein eigenständiger
Mietvertrag mit dem Arbeitnehmer geschlossen worden ist und es sich bei den
Werbeeinnahmen um einen "neuen Gehaltsanteil" handelt. Da auch die
Tankgutscheine auf einen bestimmten Betrag festgelegt sind, handelt es sich
ebenfalls um einen Sachbezug im Sinne eines "neuen Gehaltsbestandteils".
Die steuerrechtliche Bagatellgrenze kann daher nicht zur Anwendung kommen.
Ein an einen Gesellschafter gerichtetes umfassendes Wettbewerbsverbot in dem
Gesellschaftsvertrag einer GmbH ist einschränkend in dem Sinne auszulegen,
dass es nur bis zum wirksamen Austritt aus der Gesellschaft gilt.
Die Weitergeltung des Wettbewerbsverbots über diesen Zeitpunkt hinaus
käme nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 14.10.2020
einem gegen das Grundgesetz verstoßenden Berufsverbot gleich.
Grundsätzlich hat ein Geschädigter die Wahl, ob er nach einer Beschädigung
seines Pkw die tatsächlich angefallenen oder die ausweislich eines Sachverständigengutachtens
erforderlichen Reparaturkosten als Schadensersatz (fiktive Schadensabrechnung)
geltend macht. So sind (bei entsprechender Wahl des Geschädigten) die von
einem Sachverständigen nach den Preisen einer Fachwerkstatt geschätzten
Reparaturkosten auch dann zu ersetzen, wenn die Reparatur von einer "freien"
Werkstatt, vom Geschädigten selbst oder gar überhaupt nicht ausgeführt
worden ist.
Etwas anderes gilt allerdings für den Fall, dass der Geschädigte
den Schaden sach- und fachgerecht in dem Umfang reparieren lässt, den der
eingeschaltete Sachverständige für notwendig gehalten hat, und die
von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die von dem Sachverständigen
angesetzten Kosten unterschreiten. In diesem Fall beläuft sich auch im
Rahmen einer fiktiven Abrechnung der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag
auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten. Der Geschädigte ist
nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 17.12.2020 jedoch
nicht verpflichtet, die von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht
veranlassten Herstellungsmaßnahmen konkret vorzutragen.
Das Recht des Wohnungseigentümers, seine Wohnung an Dritte zu vermieten,
kann mit einem Zustimmungsvorbehalt eingeschränkt werden. Die Erteilung
seiner erforderlichen Zustimmung zur Veräußerung oder Vermietung
von Wohnungseigentum kann ein Wohnungseigentümer davon abhängig machen,
dass ihm Informationen über den vorgesehenen Erwerber oder Mieter zugänglich
gemacht werden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in einem Fall zu entscheiden, bei dem in
einer Eigentümergemeinschaft vereinbart war, dass die Vermietung einer
Wohnung der schriftlichen Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer bedarf.
Für die Versagung der Zustimmung musste ein wichtiger Grund vorliegen.
Der Wohnungseigentümer wollte seine Wohnung vermieten und teilte den anderen
Eigentümern die Daten der zukünftigen Mieter mit. Einen Mietvertragsentwurf
legte er jedoch nicht vor. Darin sahen die anderen Eigentümer einen wichtigen
Grund und verweigerten die Zustimmung.
Die BGH-Richter entschieden am 25.9.2020 dazu: "Die Nichtvorlage des Mietvertrags
ist kein wichtiger Grund zur Verweigerung der nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer
erforderlichen Zustimmung zur Vermietung (und zur Veräußerung) einer
Eigentumswohnung."
Die Unterschreitung der vertraglich vereinbarten durch die dem Mieter vom Vermieter
tatsächlich überlassene Fläche gilt stets als Sachmangel. Das
bezieht sich nicht nur auf Fälle, in denen die Mietflächenabweichung
auf einer Falschberechnung der Fläche einer ansonsten vertragsgemäß
und vollständig übergebenen Mietsache beruht, sondern auch auf Sachverhalte,
in denen die Unterschreitung der vertraglich vereinbarten Mietfläche durch
Umbauarbeiten verursacht wurde, deren Durchführungen nach Abschluss des
Mietvertrags erfolgten.
Für den Anspruch des Wohnraummieters auf Minderung wegen einer tatsächlich
geringeren Wohnfläche als der vertraglich vereinbarten, haben die Gerichte
entschieden, dass ein abweichendes Flächenmaß die Tauglichkeit der
Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch erheblich mindert, wenn die
tatsächliche Fläche um mehr als 10 % hinter der vertraglich vereinbarten
Größe zurückbleibt. Einer zusätzlichen Darlegung des Mieters,
dass infolge der Flächendifferenz die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen
Gebrauch gemindert ist, bedarf es dann nicht. Dieses gilt auch für Flächenabweichungen
in der Gewerberaummiete.
Weist bei der Miete von Geschäftsräumen die Mietfläche eine
Größe auf, die um weniger als 10 % unter der im Mietvertrag vereinbarten
Fläche zurückbleibt, ist eine Mietminderung nicht grundsätzlich
ausgeschlossen. Der Mieter hat in diesem Fall jedoch konkret darzulegen und
gegebenenfalls zu beweisen, dass durch die Flächenabweichung der vertragsgemäße
Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt wird. Das entschied der Bundesgerichtshof
mit Urteil vom 25.11.2020.
Die Richter des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) hatten am
16.12.2020 über nachfolgenden Sachverhalt zu entscheiden: Eine Tochter
pflegte ihre Eltern und war bei der Pflegekasse angemeldet. Sie besorgte mit
dem Fahrrad bei einem Arzt privat sowohl ein Schmerzmedikament für ihren
Vater als auch eine kleine Menge Wildfleisch. Auf dem Rückweg stürzte
sie mit dem Fahrrad und erlitt Verletzungen am linken Knie. Der spätere
Heilungsverlauf gestaltete sich schwierig und der Unfall hat evtl. erhebliche
bleibende Schäden zur Folge.
Unmittelbar nach dem Unfall gab die Tochter in ihrem Antrag gegenüber
der Unfallkasse an, die Fahrradfahrt diente sowohl der Medikamenten- als auch
der Nahrungsmittelbeschaffung. Bei einem späteren Gespräch mit einem
Mitarbeiter der Unfallkasse rückte sie auf Nachfrage das Schmerzmittel
in den Vordergrund; das Fleisch nahm sie nur bei dieser Gelegenheit mit. Die
Unfallkasse lehnte daraufhin die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, weil eine
ehrenamtliche Pflegeperson nur bei der Besorgung von Nahrungsmitteln, nicht
aber von Medikamenten unfallversichert ist.
Die LSG kam jedoch zu dem Entschluss, dass der Fahrradunfall einer ehrenamtlichen
Pflegekraft auf dem Rückweg von Besorgungen für die Pflegepersonen
(Arzneimittel bzw. Wildfleisch) als versicherter Arbeitsunfall anzuerkennen
ist. So ist es unschädlich, dass die Nahrungsmittelbeschaffung nicht im
Vordergrund stand. Denn auch bei der Besorgung von Schmerzmitteln handelt es
sich um eine unfallversicherte Tätigkeit einer Pflegeperson. Daher kam
es auf die Frage der Handlungstendenz nicht mehr an.
Ein biologischer Vater ist nur dann berechtigt, die (rechtliche) Vaterschaft
des Ehemanns der Mutter oder eines anderen Mannes, der die Vaterschaft anerkannt
hat, zu beseitigen, wenn keine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem
rechtlichen Vater und dem Kind besteht.
Von einer solchen Bindung kann ausgegangen werden, wenn der rechtliche Vater
für das Kind tatsächlich die Verantwortung trägt. Dem kann der
leibliche Vater nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 12.11.2020
nicht entgegenhalten, dass er vor der Geburt des Kindes noch gelegentlichen
Kontakt zur Mutter des Kindes hatte und er mit Beginn der Schwangerschaft Verantwortung
für das Kind übernehmen wollte.
Verspricht eine Betriebsschließungsversicherung Deckungsschutz für
"nur die im Folgenden aufgeführten" Krankheiten und Krankheitserreger,
wobei Covid-19 und Sars-Cov-2 (auch sinngemäß) nicht genannt sind,
besteht kein Versicherungsschutz bei Betriebsschließungen wegen des neuartigen
Corona-Virus. Zu dieser Entscheidung kamen die Richter des Oberlandesgerichts
Hamm (OLG) in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren am 15.7.2020.
Das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) hat am 18.2.2021 zwei ähnlich begründete
Entscheidungen über Ansprüche von Gastronomen getroffen, die ihren
Betrieb aufgrund der im März 2020 erlassenen Corona-Verordnung des Landes
Baden-Württemberg schließen mussten. Die Gastronomen hatten bei unterschiedlichen
Versicherungsgesellschaften sog. Betriebsschließungsversicherungen abgeschlossen.
Aufgrund von behördlich verordneter Betriebsschließung verlangten
sie Leistungen von den jeweiligen Versicherungen, die diese aber verweigerten.
In der Begründung führt das OLG aus, dass die Versicherungsbedingungen
jeweils abgeschlossene und nicht erweiterbare Kataloge enthielten. Diese könnten
nicht im Sinne einer dynamischen Verweisung auf die jeweils geltenden Regelungen
des Infektionsschutzgesetzes verstanden werden. Die Regelungen sind für
einen durchschnittlichen gewerblichen Versicherungsnehmer nicht überraschend
und nicht intransparent.